Festung Europa?
Vom Umgang mit Flüchtlingen

Jahrestagung der Internationalen Erich-Fromm-Gesellschaft e.V. in Kooperation mit der Akademie für politische und soziale Bildung „Haus am Maiberg" von Freitag, 16. Mai, bis Sonntag, 18. Mai 2014 im Haus am Maiberg in Heppenheim/Bergstraße



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Verfolgte aus Syrien, Somalia, Eritrea und anderen afrikanischen Staaten, Ausgegrenzte aus Rumänien und Arme aus vielen Regionen der Welt – es gibt viele Gründe, weshalb Menschen ihre Heimat verlassen. Nach den Flüchtlingskatastrophen vor Lampedusa mit hunderten Toten steht die Not der Flüchtlinge wieder deutlicher auf der Agenda von Politik und Medien. Braucht es diese Katastrophen, um für das menschliche Leid Aufmerksamkeit zu wecken? Wird das Schicksal der Flüchtlinge nach einem kurzen Hype wieder aus unseren Blickfeldern verschwinden?

Betrachten wir die Diskussion um die „Festung Europa" aus der Sicht von Erich Fromms Vorstellungen vom „ganzen Menschen", der „gesamten Menschheit", der Biophilie, also der „Liebe zum Leben", so können wir nicht die Augen verschließen vor dieser menschlichen Katastrophe. Liebe zum Leben ist eine Handlungsgesinnung, die das Leben von Menschen in all seinen Dimensionen zu erhalten und zu entfalten sucht – physisch, psychisch, emotional, sozial, ethisch. Biophil können aber nicht nur Orientierungen sein, sondern auch Strukturen und Funktionen sozialer Systeme. Vor diesem Hintergrund der Gedanken Erich Fromms wollen wir uns in der Jahrestagung im Mai 2014 mit den ethischen, psychischen und strukturellen Fragen im Umgang mit Flüchtlingen in der „Festung Europa" beschäftigen.

„Jeder hat das Recht, in anderen Ländern vor Verfolgung Asyl zu suchen und zu genießen." (Art.14 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte) Dieses Recht wird aber vielen an den Außengrenzen Europas verwehrt. Seit 1988 sind über 18.000 Menschen entlang der europäischen Grenzen gestorben. Trotzdem rüstet Europa im Grenzschutz weiter auf, z.B. durch Einsätze der europäischen Grenzschutzagentur Frontex. Hinter jedem Toten stehen trauernde Kinder, Lebenspartner, Eltern, Brüder und Schwestern. Dass viele Flüchtlinge ihr Leben auf dem Weg nach Europa verlieren, ist das Ergebnis einer inhumanen Abschottungspolitik. Die Menschen verdursten, verhungern, ersticken und sterben an Verletzungen oder Erschöpfung. Viele ertrinken, wenn ihre seeuntüchtigen Boote im Meer versinken. Aus Verzweiflung wagen dennoch Jahr für Jahr Tausende den gefährlichen Schritt.

Das derzeitige europäische System, mit Flüchtlingen umzugehen, weist den EU-Staaten an den Außengrenzen die Verantwortung für die Asylverfahren zu. Diese werden überproportional beansprucht und sind vielfach überfordert. Die Folge: Flüchtlinge werden in Ländern wie Griechenland, Italien, Ungarn und Malta zu Obdachlosen gemacht, erleben schlimmste Armut und Übergriffe.

Flüchtlinge in Deutschland: Obwohl vergleichsweise wenige Flüchtlinge nach Deutschland gelangen, treffen sie hier auf Ablehnung und Ausgrenzung. Sie werden gezwungen, im gesellschaftlichen Abseits zu leben. Die sogenannte Residenzpflicht sorgt beispielsweise dafür, dass Flüchtlinge nur mit Sondergenehmigung ein bestimmtes Gebiet verlassen dürfen. In vielen Bundesländern werden Flüchtlinge gezwungen, in Sammellagern unter schlechten Bedingungen zu leben. Viele Flüchtlinge sind traumatisiert von Erlebnissen in ihrem Herkunftsland oder auf der Flucht. Sie kommen nach Deutschland und erfahren Desinteresse und Ablehnung bis hin zu fremdenfeindlichen Ausschreitungen.

Unsere Tagung „Festung Europa – vom Umgang mit Flüchtlingen" soll nicht nur die Fakten der Asylpolitik darlegen, sondern auch über Wege zur Überwindung der brutalen Abschottungspolitik diskutieren. Insbesondere soll die ethische Dimension der Asylfrage im Sinne von Erich Fromms Vorstellung vom universalen Menschen bedacht werden.

Als Referenten und Gäste für die Tagung konnten wir gewinnen:
- Gergishu Yohannes, Trägerin Menschenrechtspreis 2012 von Pro Asyl, die als persönlich Betroffene über ihre Erfahrungen berichtet.
- Karl Kopp, Europareferent von Pro Asyl, der über die Lage der Menschenrechte von Schutzsuchenden an den Außengrenzen der EU und über die Situation der Flüchtlinge in Deutschland referiert.
- Dr. Reinhard Marx, Rechtsanwalt in Frankfurt mit Schwerpunkt Asylrecht, der insbesondere innenpolitische Auseinandersetzungen in der Asylfrage thematisiert.
- Dr. Gehad Mazarweh, Psychoanalytiker palästinensischer Herkunft aus Freiburg, der therapeutisch viel mit Flüchtlingen zu tun hat und über deren psychische Situation und Traumatisierung spricht.
- Prof. Dr. Jürgen Hardeck, Mitglied der IEFG und Leiter des Kultursommers Rheinland-Pfalz, der über die ethische Dimension der Asylfrage vor dem Hintergrund von Erich Fromms Vorstellungen vom universalen Menschen referiert.
- Asylgruppe der Christuskirchengemeinde in Heppenheim, vertreten durch Reiner Volz und von der Asylgruppe betreute Flüchtlinge.

Programm
Freitag, 16. Mai 2014
- Begrüßung und Einführung
- Leid und Betroffenheit. Erfahrungsbericht über den Umgang mit Flüchtlingen und ihren Angehörigen an den Außengrenzen Europas (Gergishu Yohannes)
- Hart an der Grenze: Zur Lage der Menschenrechte von Schutzsuchenden an den Außengrenzen der EU (Karl Kopp)
- Kultureller Beitrag von Flüchtlingen: Kunsttanz aus Sri Lanka und kurdische Volkstänze
Samstag, 17. Mai 2014
- Angebot zu einem spirituellen Impuls (Titus Möllenbeck)
- Zwischen Recht auf Asyl und Abschottung – Innenpolitische Auseinandersetzung in der Asylfrage vor dem Hintergrund der Entwicklung in Europa (Dr. Reinhard Marx)
- Menschen wie Menschen behandeln! – Flüchtlinge in Deutschland: Ausgrenzung oder ein Leben in Würde und Selbstbestimmung? (Karl Kopp)
- Diskussion in Arbeitsgruppen
nachmittags:
- Stadtrundgang an die Orte von Demonstrationen, Ausländerbehörde, Flüchtlingsunterkunft und Kirchenasyl (Reiner Volz)
- Zur psychischen Situation von Migrantinnen und Migranten: vom physischen ins psychische Elend (Dr. Gehad Mazarweh)
- Diskussion in Arbeitsgruppen
Sonntag, 18. Mai 2014
- Angebot zu einem spirituellen Impuls (Titus Möllenbeck)
- Erfahrungen mit Flüchtlingen, Behörden und Öffentlichkeit (Reiner Volz)
- Erich Fromms Vorstellung vom universalen Menschen und die ethische Dimension der Asylfrage (Prof. Dr. Jürgen Hardeck)
- Diskussion in Arbeitsgruppen
- Abschlussgespräch im Plenum
nachmittags:
- Um 14.30 Uhr besteht die Möglichkeit, das Martin-Buber-Haus zu besuchen.

Tagungsort
Bereits im Jahr 2008 konnten wir mit der Akademie für politische und soziale Bildung im „Haus am Maiberg" in Heppenheim eine gemeinsame Tagung zu Martin Buber und Erich Fromm durchführen, die allen Beteiligten in sehr guter Erinnerung ist. Wir freuen uns, zusammen mit dieser Akademie zu einer politisch und sozial so brisanten Thematik einladen zu können.
Ende Januar 2014 wird allen Mitgliedern und Interessierten ein Programmflyer samt Anmeldeformular zugesandt, aus dem das Programm und die Tagungskosten ersichtlich sein werden. Die Anmeldung zur Tagung erfolgt direkt an das Tagungshaus in Heppenheim: Haus am Maiberg, Ernst-Ludwig-Straße 19, 64646 Heppenheim / Bergstraße, Tel. 06252 9306-0, Fax: 06252 9306-10, E-Mail: info@haus-am-maiberg.de. Zum Tagungshaus selbst: http://www.haus-am-maiberg.de.