Am 5. Mai 2013 verstarb nach längerer Krankheit im Alter von 83 Jahren der Mitbegründer der Internationalen Erich-Fromm-Gesellschaft, Johannes Neumann.

Der in Königsberg geborene Kirchenrechtler versuchte schon früh sein Interesse an öffentlichen Aufgaben wahrzunehmen und seiner humanistischen Überzeugung Ausdruck zu verleihen. Er war von 1971 bis 1972 Rektor der Universität Tübingen und zeigte bereits zu Lebzeiten von Fromm ein deutliches Interesse an dessen Humanismus. Gleichzeitig artikulierte er in zunehmendem Maße seine staatskirchenrechtliche Kritik am gesellschaftlichen Machterhalt der Kirche.


1977 gab Neumann seinen Lehrauftrag für Katholisches Kirchenrecht zurück und wurde Professor am Soziologischen Seminar der Universität Tübingen. Dort lehrte er Sozialstruktur und Sozialpolitik und artikulierte als Religionssoziologe eine humanistische Religionskritik. Wissenschaftliche Meriten erwarb sich Neumann vor allem durch die Gründung von zwei Forschungsinstituten, deren Arbeit er mitgestaltete: das „Institut für Arbeit, Technik und Kultur" und das „Zentrum zur interdisziplinären Erforschung der Lebenswelten behinderter Menschen". Nach seiner Emeritierung im Jahr 1995 verstärkte Neumann von seinem badischen Wohnort Oberkirch aus sein politisches Engagement für Menschenrechte, Religions- und Weltanschauungsfreiheit.


Dass es bereits 1985 zur Gründung der Internationalen Erich-Fromm-Gesellschaft kam, ist nicht nur einem engagierten Kreis von jungen Wissenschaftlern und Promovenden zu verdanken, sondern auch dem fachkundigen Mitwirken von Johannes Neumann bei der Formulierung der Satzung und der Etablierung des eingetragenen Vereins. Er übernahm denn auch von Anfang an im Vorstand Verantwortung und half unermüdlich beim Aufbau der international wirkenden Fromm-Gesellschaft mit.


In lebhafter Erinnerung sind die ersten Tagungen in Tübingen, die Dank seiner Hilfe im Philosophischen Seminar oder auch in den Fürstenstuben des Schlosses Hohentübingen stattfinden konnten; er half ganz wesentlich bei der Organisation des ersten internationalen Seminars mit, das 1987 mit italienischen Frommianern im Haus der Freunde der Universität Tübingen stattfand, oder auch bei den ersten internationalen Tagungen 1988 in Locarno und 1990 in Heidelberg, an denen auch Gäste aus Italien, Frankreich, Polen, Mexiko und den USA teilnahmen. Unvergessen ist auch sein kämpferischer Beitrag über den selbstbestimmten Menschen anlässlich des zehnjährigen Bestehens der Fromm-Gesellschaft in Tübingen und sein profunder Vortrag „Zur akuten Gefährdung der Glaubens- und Gewissensfreiheit in Deutschland" bei der Jahrestagung 1998 über Scientology in Berlin.


Mit Johannes Neumann verlieren wir nicht nur einen tatkräftigen Mitbegründer der Internatio-nalen Erich-Fromm-Gesellschaft, sondern auch ein Ehrenmitglied. Anlässlich des zwanzig-jährigen Bestehens der Fromm-Gesellschaft im Jahr 2005 haben wir ihn bei einer Tagung in Magliaso (Schweiz) für seine Verdienste zum Ehrenmitglied ernannt (damals entstand auch das Foto). Die Erinnerung an ihn wird bleibend sein und ist mit Gefühlen des Dankes verbunden, auch des Dankes für eine viele Jahre währende Freundschaft mit ihm und seiner Familie.

Rainer Funk

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